Werries im Wandel der Jahrhunderte. Band 2

Die Kommunalgemeinde stand zu ihrem Wort. Der Leiter des Bauamtes, Oberbaurat Schneider, plante den Bau. Die Ausführung kostete 120000 DM, von denen die beiden Kirchengemeinden 20000,00 DM aus ihren gesammelten Geldern übernahmen. Außerdem ließ die Kommunalgemeinde den Zuweg von der Kreisstraße bis zur Friedhofskapelle und den Vorplatz vor der Friedhofskapelle pflastern. Der Parkplatz vor dem Friedhof wurde befestigt. Das kostete den Steuerzahler noch einmal 70000 DM. Der Glockenturm kostete weitere 18000 DM. Die beiden Kirchengemeinden sorgten für die Einrichtung der Sakristei, kauften eine Elektroorgel, Glockenstuhl und Läuteanlage.


Wir hatten unsere kleine Glocke, die bis 1955 in unserer Notkirche läutete, inzwischen der Ev. Kirchengemeinde Rünthe geliehen. Nun holten wir sie zurück. Seither läutet sie auf unserem Friedhof für alle Werrieser zum letzten Geleit.


Am Sonntag, den 27.10.1968 fand dann zur Einweihung der Kapelle ein ökumenischer Gottesdienst statt. Herbert Rapp hielt die Liturgie und ich predigte. 12 Jahre vorher konnte der katholische Pfarrer uns nur zugestehen, dass wir auch in unserer Kirche Loblieder sangen.Wer diese Zeit miterlebt hat, weiß was für ein atemberaubender Wandel in den wenigen Jahren stattgefunden hatte.


Nun fand ein Provisorium sein Ende. Vorher waren in der alten Maschinenhalle alle Bestattungsgottesdienste. In derselben Halle standen die Särge derer, die noch auf die Bestattung warteten. Es gab keine Sitzplätze. Es gab keine Begleitung des Gesangs. Weil es ein Altbau war, machte er immer einen schmuddeligen Eindruck. Nach der Trauerfeier wurde dann der Sarg auf dem kleinen Transportwagen über die Lippestraße zum Friedhof geschoben. Seit die Lippestraße zum Autobahnzubringer ausgebaut worden war, wurde das zunehmend gefährlicher.


Auch am Totensonntag hielten wir seit 1956 Andacht und Gedächtnis der Entschlafenen des vergangenen Jahres unter freiem Himmel. Auch das hatte nun ein Ende.


1969 beschloss das Presbyterium, bei jeder Beerdigung um eine Kollekte zu bitten. Wir hatten verglichen mit anderen Friedhöfen relativ geringe Friedhofsgebühren. Wir wollten sie möglichst niedrig halten, weil in unserem Ort viele Leute mit kleinen Geldbeuteln wohnten.


Als wir nach der Verselbständigung die erste Gebührenordnung aufstellten, mussten wir sie vom Landeskirchenamt in Bielefeld und vom Regierungspräsidenten genehmigen lassen. Wir kamen mit diesen Genehmigungen nicht vom Fleck. Das Paket mit der Ordnung kam immer wieder wie ein Bumerang zu uns zurück. Immer wieder war etwas nicht in Ordnung gewesen. Das letzte war, dass wir die Gebühren zu niedrig gehalten hätten. Ich ließ mir einen Termin mit dem zuständigen Kirchenrat in Bielefeld geben. Ich versuchte dem Mann klar zumachen, warum wir die Gebühren so niedrig hielten. Ich konnte ihm vorlegen, dass die Kosten durch die Gebühren gedeckt würden. Der Ton zwischen uns beiden wurde immer gereizter. Schließlich sagte er. „Da möchte sich ja jeder auf ihrem Friedhof beerdigen lassen!“ Mir rutschte heraus: „Kommen Sie!“ Damit war das Gespräch zu Ende. Ich bin kein Freund von gewaltigen Streitigkeiten. Dieser Gesprächsabschluss jedoch hatte mir gut getan.