Werries im Wandel der Jahrhunderte. Band 2


Übergangszeit, zwischen der NS Zeit und der neuen Bundesrepublik.


Die Zechen arbeiteten weiter, weil die Besatzer Interesse an der Energieversorgung hatten. Sie sorgten dafür, dass die Bergleute nicht verhungerten und etwas leisten konnten.  Trotz allen war die Not vis zur Neugründung der Bundes Republik Deutschland auch in Werries sehr groß.


Wer Land zu bearbeiten hatte, pries sich glücklich.

Wer Beziehungen auf dem Lande hatte, erinnerte sich dran.

Wer für die Besatzer arbeiten konnte, hatte manches kleine Privileg. Wer etwas zu handeln hatte, brachte den schwarzen Markt in Schwung.


5.) In Werries konnte das nicht sein. Eins geschah aber auch hier.

Die Alliierten hatten in Deutschland eine „Entnazifizierung“ in Gang gebracht. Wer Arbeit haben wollte, musste sich „durchleuchten“ lassen. Man musste angeben, ob man Parteimitglied war, welche Funktionen man ausübte, welche Orden man verliehen bekommen hatte und welche Tätigkeiten man ausgeübt hatte. Man musste dann Zeugen beibringen, die bestätigten, dass die Angaben im Fragebogen stimmten und man ein harmloser Zeitgenosse gewesen war. Nun suchten viele, die etwas mehr oder weniger zu verbergen hatten, die Pfarrer auf.


Weil viele Pfarrer gutmütige, menschenfreundliche Leute waren, stellten sie vielen einen „Persilschein“ aus, wie man damals solche Entlastungsbescheinigungen nannte. Das passierte auch in Werries.


So wurde die Entnazifizierung weitgehend zum Witz. Viele mittlere und große Leute kamen wieder zu Ehren. Man denke an Herrn Kiesinger, den damaligen Ministerpräsidenten von Rheinland – Pfalz, der als Nazirichter manches Unrechtsurteil zu verantworten hatte. Dagegen wurden relativ harmlose Leute als gefährlich eingestuft und verloren ihren Job. Insofern war mancher Persilschein nicht zu rechtfertigen.


In der Zeit, als die Wehrmacht weg war und die Militärregierung der Alliierten die Sache noch nicht im Griff hatte, plünderten viele Werrieser das Wehrmachtsdepot in der Mark.


Dort lag in Riesenmengen, was die Zivilbevölkerung schon lange nicht mehr zu sehen bekam: Fett, Dosenfleisch, Mehl, Zucker, Marmelade, Kaffee, Tabak, Zigaretten, Schokolade, Schnaps und vieles mehr. Auf Fahrrädern und Bollerwagen transportierte jeder, was er bekommen konnte, nach Hause. Es ging dabei sehr chaotisch zu. Weil niemand die Sache in die Hand nahm und ordnete, wurde sehr, sehr viel zertrampelt und verdorben. Säcke, die heruntergeworfen wurden, zerplatzten. Der Inhalt war nicht mehr zu gebrauchen. Aber alle, die sich an der Plünderei beteiligten, bekamen genug mit nach Hause. Davon erzählten die Beteiligten noch nach Jahrzehnten mit Vergnügen


Hätte die deutsche Wehrmacht jedoch alles noch rechtzeitig verteilt, hätten mehr Leute Hilfe bekommen. Sehr viele bekamen nichts, weil sie es zu spät erfuhren oder weil sie einfach Angst davor hatten, bei so etwas beteiligt zu sein. Die freigesetzten russischen „Fremdarbeiter“ waren gefürchtet. Sie besorgten sich, was sie bekommen konnten und verübten manche Gewalttat. Sie kampierten bis zum Abtransport im Zechengebäude. 



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