Werries im Wandel der Jahrhunderte. Band 2

Nach der Machtübernahme am 31.1.1933 setzte sofort staatlicher Terror ein. Viele führenden Leute unter Sozialdemokraten und Kommunisten verschwanden still in den Konzentrationslagern (KZ) Sie sollten dort „umerzogen“ werden. Über den Eingangstoren stand „Arbeit macht frei.“ Misshandlungen, seelischer Terror, Hunger und harte Arbeit klopfte viele weich. Wenn sie entlassen wurden, sprachen sie über ihre Erfahrungen im Lager – aus Angst – kein Wort. Der Widerstand vieler Inhaftierter war bei der Entlassung gebrochen. Der Anteil der Häftlinge aus Werries war recht groß.


Kirchlich waren die Spannungen ähnlich. Adolf Hitler hatte in einer Rede zu seiner Machtübernahme 1933 gesagt, er werde ein einiges, starkes und selbstbewusstes Deutschland wieder herstellen. Er werde die Folgen des Versailler Vertrags beseitigen. Keiner solle mehr hungern und frieren. Jeder solle Arbeit und Brot haben. In diesem Zusammenhange sprach er davon, dass er ein „positives Christentum“ fördern wolle.


Die kaisertreuen, konservativen Kräfte im Lande, darunter fast alle evangelischen Pastoren, sehr viele Presbyter und „Bürgerliche“ meinten alle ihre Wünsche und Träume, die sie in den Elendsjahren von 1919 – 1933 hatten, erfüllt zu bekommen. Alles werde nun in ihrem Sinn verlaufen. Hitler sei ein frommer und vaterländisch gesinnter Mann. Auch in Werries dachten viele nicht anders. Viele „Bürgerliche“ waren bald stramme Nazis.


So brach zunächst große Begeisterung – auch bei vielen frommen Leuten – aus. Die Nazipartei hatte viel Zulauf - auch aus der Evangelischen Kirche. Große Gottesdienste mit Nazifahnen und Uniformierten wurden gefeiert.


Die Zahl der Pfarrer, die Nazis wurden, war gering. Aber auch sie begrüßten in der Mehrzahl den “nationalen Aufbruch“, die „Befreiung vom Joch von Versailles“.


Unter den Arbeitern waren es deutlich weniger, die braun wurden. Die meisten hielten sich weiter zu den Sozialdemokraten oder Kommunisten. Wer sich unter ihnen zu den Kaisertreuen und Christlichen zählte, „vaterländisch gesinnt“ war, teilte die Begeisterung.


In Werries gab es einen christlich-sozialen Arbeiterverein. Im Protokollbuch dieser Gruppe wird 1933 begrüßt, dass die Nazis die Macht übernahmen. Ein Malermeister war zu dieser Zeit ihr Vorsitzender. Er wurde der erste Nazibürgermeister von Werries. Er vollzog die „Gleichstellung“ des Vereins mit den Naziorganisationen. In jeder Sitzung verlas er die Verfügungen, die von „oben“, von der Verbandsspitze kamen. Der Sitzungsprotokollant schrieb in vielen Protokollen vom Vorsitzenden als „von unserem Herrn Bürgermeister.“


Zu der Zeit ließen die Nazis in ersten Versuchen erkennen, wie sie sich ein positives Christentum dachten. Die Kirche sollte wie der Staat nach dem „Führerprinzip“ gegliedert sein. Die höchste Autorität sollte der Führer sein. Man wolle ein „völkisches Christentum“ frei von jüdischen und römischen Einflüssen. Die Bibel müsse von Jüdischem gereinigt werden und zu einem Buch werden, das für Blut und Boden der Nation eintritt und ethische Werte wie Treue,



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