Werries im Wandel der Jahrhunderte. Band 2

Nach zwei Tagen Umzug saß alles an der richtigen Stelle und wir konnten mit der normalen Arbeit fortfahren.


Das Pfarrhaus ist nach dem damals üblichen Muster gebaut. Wenn man durch den Eingang trat, waren auf der rechten Seite zwei Diensträume. Im ersten Raum war das Pfarrbüro untergebracht, im zweiten Raum das Amtszimmer des Pfarrers. Links führte eine Tür in den privaten Teil der Pfarrfamilie. Im Erdgeschoß waren ein unterteilbares großes Wohn- und Esszimmer, die Küche und eine Toilette untergebracht. Im ersten Stock waren vier Schlafräume, das Bad und eine weitere Toilette. Später bauten wir noch das Dachgeschoss aus und schufen dort zwei weitere Schlafräume.


Etwas Besonderes war damals die Heizung. Die Ölheizung wäre damals wohl das Kostengünstigste gewesen. Weil aber der Bergbau zunehmend unter Druck kam und wir in einer Bergarbeitergemeinde wohnten, bot man uns eine damals gerade neu entwickelte vollautomatische Koksheizung an. Im Heizkeller lag in der Mitte des Kellers eine Schiene. An den Kellerwänden waren zwei Schrägen angebracht, die zur Schiene hinliefen. Der Koks wurde in die beiden Kellerschächte gekippt. Die Schiene ruckelte nun Koks zur Heizung hin. Dann stieß ein Bolzen Koks in die Glut. Damit wurde das Feuer gestocht. Die Asche fiel nach unten. Ein Band mit kleinen


Schüppchen lief und schippte die Asche auf. Die Schaufelchen brachten die Asche in einen Sack. Das Einzige, was man noch zu tun hatte, war, regelmäßig den Sack zu entleeren. Wenn man das vergaß blieb die ganze Anlage stehen. Leider habe ich das auch geschafft.


entleeren. Wenn man das vergaß blieb die ganze Anlage stehen. Leider habe ich das auch geschafft.


Den Umzug für die Schwester mussten wir übernehmen, weil Schwester Anna Wenzel gerade krank im Mutterhaus lag, als das Haus fertig gestellt war. An Garagen brauchte damals niemand zu denken. Wie fast alle in der Gemeinde konnte ich mir damals keinen Wagen leisten. Wir schafften uns erst nach der Geburt unseres vierten Kindes ein Auto an. So kam es mit etwas Zeitverzögerung zum Bau der Garagen und der dahinter liegenden Räume.


Die Gemeindeschwester In Werries arbeitete seit 1953 Schwester Anna Wenzel vom Mutterhaus in Witten. Sie war 55 Jahre, als sie bei uns anfing.


Sie war die letzte Diakonisse bei uns in Werries. Als sie 1916 in das Mutterhaus eintrat, konnte das Mutterhaus nicht alle aufnehmen, die sich darum bewarben. Als Schwester Anna in Rente ging, ließen sich im Jahr nur noch sehr wenige oder gar keine Frauen mehr aufnehmen. Das lag nicht am Glauben oder der Christlichkeit. Vor 1919 war es etwas Gutes, sein ganzes Leben irgendwie versorgt zu sein. Seit dem Ende des ersten Weltkrieges galten die Sozialgesetze für alle und auch Verheiratete konnten als Schwestern arbeiten.


So hatten bis nach dem zweiten Weltkrieg fast noch alle Gemeinden ihre Diakonisse.


Die meisten Gemeindeglieder, die zu „Pflegefällen“ wurden oder sich zum Sterben rüsteten, blieben zu Hause und wurden von ihren Angehörigen versorgt. Die Schwester war in der Krankenpflege ausgebildet und unterstützte Angehörige, Freunde und Nachbarn bei der Pflege. Alles, was heute die ambulanten Pflegedienste tun, erledigte sie. Dazu hielt sie Nachtwachen bei Sterbenden.



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