Werries im Wandel der Jahrhunderte. Band 2

Während des Liedes sollte nun der Küster, Johannes Koch, zum ersten Mal zum Gottesdienst die Kerzen anstecken. Feierlich schritt er zur ersten Kerze. Er brauchte fast einen Vers des Liedes, bis der neue Docht zu brennen anfing. Er schritt zu Nummer zwei. Wieder dauerte es fast einen Vers, bis er Nummer zwei in Gang gebracht hatte. Als er zurückschritt, merkte er, dass die erste wieder dunkel war. Wieder mühte er sich einen Vers lang, bis die Arbeit von Neuem geschafft war. Ein Blick zur Seite zeigte, dass Nummer zwei auch wieder dunkel war. Nun war die vierte Strophe dran. Als dann die Gemeinde fertig war, konnte auch Johannes Koch würdig an seinen Platz gehen. Die Arbeit war ohne Hektik gerade zur rechten Zeit geschafft.


Im Anschluss an den Gottesdienst hielt der Präses den ersten Kindergottesdienst in der neuen Kirche. Die Kirche war mit Kindern gefüllt. Es war damals noch eine Selbstverständlichkeit, dass fast alle Evangelischen Kinder zum Kindergottesdienst kamen.


Der Präses sagte den Kindern, dass sie durch die heilige Taufe Gottes Kinder geworden seien. Er zeigte ihnen ein Blatt Papier. Das Blatt habe zwar zwei Seiten. Man könne aber die beiden Seiten nicht auseinander trennen. Auf der einen Seite steht Gottes Name, auf der anderen Seite mein Name. Nun könne man nicht mehr an Gott denken, ohne auch an mich zu denken. Und ich könne nicht an mich denken, ohne auch an Gott zu denken. Beide gehörten nun zusammen wie die zwei Seiten des einen Blattes.


Die Gemeinde war voller Freude, dass nun nach zwei Fehlstarts ein Traum wahr geworden war. Gottes Wort können Christen an allen Orten miteinander hören. Sie können sich überall zur Feier des Heiligen Mahls und zum gemeinsamen Gebet treffen. Der Herr sagt: „Wo zwei oder drei in meinem Namen zusammenkommen, bin ich bei ihnen!“ Doch, wenn eine Gemeinde dazu ein so schönes Gebäude geschenkt bekommt, freut sie sich und ist sehr dankbar.



  Die Kriegsopfergedenkstätte


In der alten Kirche hingen schwarze Kreuze mit den Namen der im Krieg gefallenen Gemeindeglieder. Es war uns klar, dass diese Kreuze nicht in die neue Kirche passten. In unseren Gesprächen wurden ein paar Gesichtspunkte deutlich.


Es sollte eine Gedenkstätte für alle Gemeindeglieder werden, die durch Terror, Krieg oder Vertreibung umgekommen waren, nicht nur für die, die als Soldaten im Kampf gefallen waren. Wir verteilten in der Gemeinde Blätter, auf denen wir darum baten, diejenigen aufzuschreiben, die in den vergangenen Kriegsjahren auswärts umgekommen waren. Als wir die Angaben beieinander hatten, schrieb Frau Ursula Werner geb. Posingis die Namen mit Geburts- und Todesangaben auf Pergamentseiten. Die Namen waren nach den Geburtsdaten geordnet. Das Buch wurde in einen Glaskasten gelegt. Ursula Werner besorgte diese Arbeit ehrenamtlich, ohne Entgelt.



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