Werries im Wandel der Jahrhunderte. Band 2

Der Neuanfang


Die Besatzer führten in Deutschland Demokratie ein. Die Westfälische Evangelische Landeskirche brauchte in Sachen Demokratie keine Nachhilfe. Im Rheinland und in Westfalen war die Evangelische Kirche schon seit 400 Jahren „presbyterial“ organisiert. Das heißt: die einzelnen Gemeinden organisierten sich selbst und bezahlten auch weitgehend die Kosten für ihre Gemeinschaft.


In Werries konnte das nicht sein. Eins geschah aber auch hier. Die Alliierten hatten in Deutschland eine „Entnazifizierung“ in Gang gebracht. Wer Arbeit haben wollte, musste sich „durchleuchten“ lassen. Man musste angeben, ob man Parteimitglied war, welche Funktionen man ausübte, welche Orden man verliehen bekommen hatte und welche Tätigkeiten man ausgeübt hatte. Man musste dann Zeugen beibringen, die bestätigten, dass die Angaben im Fragebogen stimmten und man ein harmloser Zeitgenosse gewesen war. Nun suchten viele, die etwas mehr oder weniger zu verbergen hatten, die Pfarrer auf. Weil viele Pfarrer gutmütige, menschenfreundliche Leute waren, stellten sie vielen einen „Persilschein“ aus, wie man damals solche Entlastungsbescheinigungen nannte. Das passierte auch in Werries.


So wurde die Entnazifizierung weitgehend zum Witz. Viele mittlere und große Leute kamen wieder zu Ehren. Man denke an Herrn Kiesinger, den damaligen Ministerpräsidenten von Rheinland – Pfalz, der als Nazirichter manches Unrechtsurteil zu verantworten hatte. Dagegen wurden relativ harmlose Leute als gefährlich eingestuft und verloren ihren Job. Insofern war mancher Persilschein nicht zu rechtfertigen.


Als ihre Leitung wählten die Gemeindeglieder Presbyter. Jeweils die Hälfte der Presbyter musste sich nach vier Jahren zur Wahl stellen. Das Presbyterium war für alle Angelegenheiten der Gemeinde zuständig. Der Pfarrer hatte und hat im Presbyterium nur eine Stimme, wie alle anderen Mitglieder. So ist das bis heute. Die Presbyter bestimmten einen aus ihrer Mitte, der mit dem Pfarrer einmal im Jahr mit den Vertretern anderer Gemeinden zur Kreissynode zusammenkam. Diese Leute waren für alle Dinge des „Kirchenkreises Hamm“ zuständig. Die Kreissynodalen wählten ihrerseits Abgeordnete, die in der Landessynode Dinge berieten und beschlossen, die alle Evangelischen in Westfalen angingen. Das alles ist bis heute so geblieben.


Als der Krieg vorbei war, gehörten zum Presbyterium der Kirchengemeinde Mark die Werrieser Vertreter Christian Caldewey, Wilhelm Amenda, Erwin Petzold und für die Braamer Gemeindeglieder der Landwirt Schäfer.



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