Werries im Wandel der Jahrhunderte. Band 2

Wir hatten nach einem harten Arbeitstag gerade die Kinder ins Bett gebracht und wollten In Ruhe miteinander zu Abend essen. Da ging das Licht aus. Als ich nachsehen ging, merkte ich, dass der Keller voller Abwässer war. Die Pumpe schaffte die Wassermengen nicht mehr. Es gab einen Rückstau. Es roch in unserem Keller nach Toilette. Das steigende Wasser hatte die Elektrik der Heizung und einen Kurzschluss verursacht. Weil wir keine Ahnung hatten, was die Ursache war, schöpften wir bis spät abends Wasser aus dem Keller, bis der Zustrom versiegte.


Das Pumpenhäuschen und die sich hie und da wiederholenden Kleinkatastrophen erübrigten sich, als die Großgemeinde Uentrop ein neues Kanalnetz für den Stadtteil baute. Das Pumpenhäuschen wurde abgerissen.


Die schwersten drei Jahre in der Gemeinde Anfang der 60. Jahre


Anfang der sechziger Jahre ging es in Deutschland wirtschaftlich bergauf. Es war Vollbeschäftigung. Die Löhne und auch die Renten stiegen stetig. Arbeitskräfte wurden aus Italien, aus dem übrigen Südeuropa und der Türkei geholt. Der Optimismus machte sich breit, es würde immer besser werden.


Gerade am Anfang dieser Periode trafen unseren kleinen Ort Hiobsnachrichten, die die meisten von uns stark bewegten. Damals lebten wir in unserem Ort enger aufeinander. Jeder kannte jeden. Es war selbstverständlich, dass man sich grüßte. Meist wechselte man auch ein paar Worte. Man nahm am Schicksal anderer irgendwie teil.


Außergewöhnlich oft, etwa 50-mal, läutete 1961 die Sterbeglocke unserer Kirche.

Dreimal fanden durch Verkehrsunfälle junge Leute den Tod. Der älteste unter den dreien wollte mit dem Moped nach seiner Schicht nach Hause fahren, als ihn ein angetrunkener Lastwagenfahrer überfuhr. Der Mann hatte Frau und zwei kleine Kinder.


Eine 18-jährige junge Frau fuhr mit dem Fahrrad morgens zu ihrer Arbeit. Da überfiel sie ein ihr bekannter Mann und wollte sie vergewaltigen. - Der Mann war verheiratet und hatte selber Kinder. - Als sie schrie und sich wehrte, drückte er ihr den Kehlkopf zu. Sie konnte sich noch an den Straßenrand schleppen. Jemand fand sie und sorgte dafür, dass sie ins Krankenhaus kam. Sie verstarb dort recht bald. Sie konnte aber noch den Namen des Mannes angeben, der ihr das antat. Der hatte vor seiner Tat einen halben Kasten Bier getrunken. Danach fuhr er volltrunken zur Zeche und begann seine Schicht. Die Polizei holte den Mann schwarz aus der Grube. Er wusste nicht, warum.


Ein Kunstkraftsportler war mit seinem Verein zu einem Schauturnen. Mit einem Vereinskameraden wollte er besondere Nummern am Trapez vorführen. Die beiden lehnten es ab, ein Netz zu ihrer Sicherung spannen zu lassen. Sie stürzten ab. Er war tot. Sein Kollege, der auf ihn fiel, wurde schwer verletzt.


Zweimal geschah es in der Zeit, dass bei einem Ehepaar, das schon mehr als 50 Jahre verheiratet war, ein Partner starb. Der andere Partner folgte wenige Tage später nach.



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