Werries im Wandel der Jahrhunderte. Band 2

Die Schwestern waren ledig und gehörten einem „Diakonissenmutterhaus“ an. Die Gemeinde schloss mit dem Mutterhaus den Anstellungsvertrag ab und bezahlte auch den Lohn dorthin. Das Mutterhaus stellte Kleidung und Arbeitsmittel zur Verfügung und sorgte bei Krankheit oder im Alter für die Schwester.


Die Gemeindeschwestern waren zumeist allein in der Gemeinde. Deshalb fiel es manch einer Schwester schwer, sich in ein Mitarbeiterteam einzuordnen. So war es auch bei Schwester Anna. Wir scherzten manchmal, sie sage: „Ich und der Pastor meinen...“ Und dann hatten alle zu gehorchen. Da die anderen Mitarbeiter das nicht immer taten, kam es oft zu sehr unschönen Szenen.


1959 verunglückte sie. Damals waren die Straßen in Werries noch dunkel und in recht schlechtem Zustand. Die Straßen waren nicht befestigt. Bei Regen standen dicke Pfützen auf den Straßen.


Die Schwester war zu einer Kranken unterwegs und versuchte die Pfützen zu umgehen. Ein Jugendlicher unserer Gemeinde fuhr mit angelegten Ohren auf dem Fahrrad ihr entgegen. Er fuhr Slalom und sah Schwester Anna erst, als es zu spät war. Beide stürzten. Dem Jugendlichen war nichts weiter passiert. Die Schwester lag lange im Mutterhaus krank. In dieser Zeit übernahm die Uentroper Gemeindeschwester das Pflegen in Werries.


1963 wurde Schwester Anna 65 Jahre alt. Sie bekam ab Anfang 1964 ihre Rente. Sie hatte sich aber bereit erklärt, zu bleiben und den Dienst weiterhin zu versehen. 1965 baten wir sie trotzdem zu gehen. Damals verstanden viele diesen Schritt nicht. Doch die Unruhe unter den Mitarbeitern nahm kein Ende.


Schwester Anna wurde 90 Jahre alt. Sie lebte im Diakonissenmutterhaus in Witten. Bis zu ihrem Tod hat sie uns regelmäßig besucht.


Eine große Freude war für viele Gemeindeglieder, dass Pfarrer Schiemann mit Frau, Tochter und Schwiegersohn uns am zweiten Pfingsttag besuchten. Schiemann arbeitete bei deutschen Kolonisten in Brasilien. Er hatte seit 1947 seinen ersten Deutschland Urlaub bekommen. Wir gaben ihm aus Freude und Dankbarkeit für seine Arbeit in Werries einen Anzugapparat und ein Posaunenquartett für seine Gemeinde mit. 1965 kam die „Synodalvisitation“ zu uns nach Werries. Eine Woche lang besuchten Superintendent und Vertreter des Kirchenkreises Gottesdienste und Gruppenstunden. Sie sprachen mit dem Presbyterium ohne mein Beisein. Sie besichtigten die Gebäude und den Friedhof und überprüften die Kassenbücher. Zum Abschluss interviewte ein Mitglied der Kirchenleitung die Pfarrfamilie. Der Abschlussbericht sah die Dinge bei uns rosiger, als sie wirklich waren.


Auch auf den Kirchengrundstücken kompostierten wir die Grünabfälle und verwerteten sie auf unseren Grundstücken wieder. Auch das sparte Geld. Schließlich heizten wir die Kirche nicht mehr so stark auf. Die Gottesdienstbesucher behielten im Winter doch während des Gottesdienstes ihre Mäntel an, sodass es genügte auf 17 – 18 Grad aufzuheizen. Wir mühten uns, Licht zu löschen, wo es nicht mehr gebraucht wurde, um Energie zu sparen.



<zurück                                      weiter>