Werries im Wandel der Jahrhunderte. Band 2

1937 räumte schließlich der Bürgermeister das Feld. Er legte den Vorsitz nieder und verließ die Gruppe.


Den Vorsitz übernahm nun ein Zeitungsmann, der aus Sachsen stammte. Erwin Petzold trat wie sein Pastor für die Bekennende Kirche ein. Die kleine Gruppe hielt dann durch bis 1956. Es gehörten dann noch etwa ein Dutzend alte Männer dazu. Sie trafen sich in der ganzen Zeit einmal im Monat nach dem Gottesdienst. Die Gruppe löste sich 1957 auf, als in Werries Pfarrerwechsel gewesen war und ich, der neue Pfarrer, nicht bereit war, an Sonntagssitzungen teilzunehmen.


Als Hitler die Macht übernommen hatte, wurden recht bald, wie schon berichtet, die kirchlichen Jugend- und Kindergruppen der Hitlerjugend angegliedert. Die Sportabteilung und die Musikgruppe lösten sich auf und verloren ihr Eigentum. Es blieb von den Kirchlichen Gruppen die Frauenhilfe, die von Adele Bertram und Clara Judt geleitet wurde. Der Kirchenchor kam noch bis zu Beginn des Krieges zusammen. Auch eine Mädchengruppe blieb unter der Leitung von Frau Judt bestehen.


Die Kirchenaustrittszahlen in Werries hielten sich sehr niedrig. Unter den Arbeitern gab es wenig begeisterte Nazis.


Der Kindergottesdienst, der kirchliche Unterricht und manche kirchliche Sitte konnte von den Nazis nicht unterbunden werden.


Wie auch in den Zwanzigerjahren gingen am frühen Morgen des 1. Advent Kinder zu den ,,Alten" den Advent einsingen. Damals gab es noch kein Radio und kein TV. Alle hielten sich Nutztiere, die versorgt werden mussten. So waren die alten Menschen abends müde und früh im Bett. Morgens war meist zwischen 5 und 6 ihre Nacht zu Ende. Wenn die Kinder dann zwischen 6 und 7 zum Singen kamen, störten sie kaum noch jemanden im Schlaf. Sie sangen dann meist ein oder zwei Adventslieder und sagten den Spruch: „Siehe dein König kommt zu dir, ein Gerechter und ein Helfer.“


Am Heiligen Abend gab es damals in dieser Gegend Westfalens keine Gottesdienste Der größte Gottesdienst war am ersten Feiertag morgens um 5.30, die Christmette, in der die Konfirmanden ein Krippenspiel vorführten. In den Familien war dann nach der Christmette am 1. Feiertag die bei den meisten recht dürftige Bescherung.


Ein großes Gemeindefest fand auch weiterhin statt. Fast alle Kinder kamen noch zum Kindergottesdienst und fast alle ließen sich konfirmieren. Die Kinder sollten in der Lehre der Kirche solide unterwiesen sein, ehe sie volle Mitglieder der Gemeinde wurden.


Viele Pfarrer und kirchliche Mitarbeiter wurden aber eingezogen und mussten in den Krieg. Auch der 1939 in der Mark eingeführte Pfarrer Paul Mustroph gehörte dazu.


Der gerade pensionierte Paul Wittmann musste nun wieder an die Arbeit. So hatte der häufig kranke Reinhard Judt und der Marker Pensionär in dieser Zeit oft die Evangelischen in der Mark und Werries zu versorgen. Es konnte nur das Nötigste geschehen. Die Lasten waren für alle Menschen groß.



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