Werries im Wandel der Jahrhunderte. Band 2

Die Mädchengruppen wurden zunächst von der Gemeindeschwester betreut. Dann arbeitete lange Zeit eine Nichte und Pflegetochter Judts, Hilde Rabeneck,  in der Gemeinde Sie leitete die Mädchengruppen und ging Judts in vielfältiger Weise zur Hand. Sie arbeitete gut. Sie hatte freie Station und 10 RM Taschengeld, das ihr Judts aus ihrer eigenen Tasche bezahlen mussten, weil die Kirchengemeinde dafür kein Geld bewilligen mochte. Hilde Rabeneck erkrankte äußerst schwer und war lange Zeit arbeitsunfähig.


An ihrer Stelle erklärte sich eine gerade fertig ausgebildete Gemeindehelferin, Hilde Krähling, bereit, in Werries zu arbeiten. Auch jetzt war das Presbyterium der Kirchengemeinde Mark nicht bereit, sie für Werries anzustellen, So gaben ihr Judts wie auch vorher ihrer Nichte privat freie Station und 10 RM im Monat. Hilde Krähling baute in Werries eine blühende Mädchenarbeit auf. Fast alle Mädchen im Alter zwischen 6 und 14 Jahren kamen zu den Jungscharen. Die Arbeit war ähnlich wie die Pfadfinderarbeit organisiert. Andachten und Bibelarbeit waren selbstverständlich.


Es bildeten sich „Bruderräte“, die dem neuen Ungeist entgegentreten wollten. An der Spitze der Bewegung stand unter anderen Pastor Martin Niemöller, ein U Boot Kommandant aus dem ersten Weltkrieg, der zuvor auch dem neuen Aufbruch zugejubelt hatte. Viele Pastoren und Gemeinden schlossen sich der Bewegung an. Viele versuchten zu retten, was zu retten war. Sie schlugen ihrerseits Friedrich von Bodelschwingh, den Leiter Bethels, für das Amt des Reichsbischofs vor. Die Nazis hatten sich schon für ihren Mann entschieden und blockten Bodelschwingh ab..
Es kam dann zu einer Synode der „Bruderräte“ in Barmen. Sie tagte vom 29. – 31.5.1935. Die Bruderräte gaben zu der Zeit eine mutige Erklärung ab. Diese „Barmer Erklärung“ steht im Gesangbuch unserer Kirche im Anhang unter der Nummer 858 als ein Bekenntnis der Christenheit. Man kann sie dort nachlesen.


Man nannte von nun an Gemeinden, die sich hinter diese Erklärung stellten: „Bekennende Kirche“ (BK).


Reinhard Judt hielt sich zur Bekennenden Kirche, die seit der Bekenntnissynode von 1934 Stellung gegen die Pläne des Staates und der Partei bezog, die biblische Grundlage des Glaubens an den Herrn Jesus Christus zu verlassen und sich zum religiösen Arm der Partei zu wandeln. Einige Presbyter und Gemeindevertreter hielten sich zu den Nazis und vertraten ein Deutsches Christentum in der Nachfolge Adolf Hitlers. Weil Judt bekenntnistreu predigte, hielten sich eine Reihe Werrieser zur DC Gemeinde in der Christuskirche im Hammer Westen. Dort waren die Gottesdienste parteikonform. Es wurde nicht mehr im Namen des dreieinigen Gottes sondern auf Blut und Boden getauft. Die Predigten waren in der Linie der Nazipropaganda.


Judt hatte wohl nicht die Kraft zur direkten Konfrontation. Ich berichtete von der kleinen christlich-sozialen Männergruppe. In der Gruppe waren Spannungen, weil der Vorsitzende zur DC hielt und der Pfarrer zur BK. Die Sitzungen wurden immer inhaltsloser. Judt hielt jeweils zu Beginn eine biblische Andacht. Der Bürgermeister las seine Erlasse vor.



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