Werries im Wandel der Jahrhunderte. Band 2

Ein Beamter des Straßenverkehrsamtes in Düsseldorf stellte fest, dass für den Ausbau der Kreisstraße 350 Quadratzentimeter vom Zuwege zum Friedhof dafür gebraucht worden waren. Er sah im Grundbuch, dass die Katholische und die Evangelische Gemeinde gemeinsame Eigentümer dieses Weges waren. Er rief sowohl den katholischen Kollegen als auch mich in der Sache mehrfach an. Das Presbyterium und der Katholische Gemeindekirchenrat mussten Beschlüsse fassen, deren Wortlaut er uns gab.


Danach mussten die ausgefertigten Beschlüsse nach Bielefeld zum Landeskirchenamt und nach Paderborn zum Generalvikariat zur Genehmigung geschickt werden. Als die beiden Kirchenbehörden endlich reagiert hatten, konnte ein Termin beim Amtsgericht anberaumt werden. Außer dem Richter waren zwei Beamte aus Düsseldorf, drei Katholische Vertreter und drei Evangelische zugegen. Ich fragte unvorsichtiger Weise den Richter, ob wir unsere Siegel beidrücken müssten. Der hielt uns einen Vortrag über für und wider der Sache. Die Erörterung endete damit, dass es nicht schaden könnte, wenn wir es täten. Dann las der Mann das vorgefertigte Protokoll vor, griff nach dem Grundbuchauszug und stellte fest, dass die Sache heute nicht weitergeführt werden könne. Als der Freiherr von Beverfoerde 1920 den Kirchen die Grundstücke schenkte, ließ er auf den Weg, der von der Kreisstraße bis zum Friedhof führte, ein Viehtreiberecht für seine Pächter der Lippewiesen eintragen. Ein belastetes Grundstück kann nicht veräußert werden, auch nicht, wenn es nur 350qcm klein ist.


Wenn man die Stundenlöhne aller Beteiligten, die Fahrt-, Telefon- und Portokosten zusammenrechnet, konnte man wahrscheinlich mit den entstandenen Kosten einen Goldbarren in der Größe des Grundstücks bezahlen. Aber Ordnung muss sein! Mitglieder des Gemeinderates der Kommunalgemeinde Werries machten immer wieder unfreundliche Bemerkungen wegen der Höhe der Gebühren auf dem Friedhof. Weil durch die neuen Bebauungspläne die Bevölkerung stark wachsen würde, lag es nahe den Friedhof zu erweitern. Deshalb verhandelten wir gerade mit der Zechenverwaltung wegen des Ankaufs des nötigen Erweiterungsgeländes. Um Klarheit zu bekommen boten wir der Kommunalgemeinde unseren Friedhof für den symbolischen Preis von 1 DM an. Wegen der zu erwartenden Zuzüge in Werries hätte sich die Kommunalgemeinde um Erweiterungsgelände selbst kümmern müssen. Uns wäre viel Ärger, Zeit und Geld erspart geblieben. Der Gemeinderat lehnte ziemlich umgehend ab. Er bot uns aber als Beihilfe zu den Kosten des Erweiterungsgeländes 20000 DM an. Nun konnten wir und die Katholische Gemeinde den Ankauf ernsthaft weiter betreiben.


Als Pfarrer Holling und ich zur letzten Verhandlung über das Erweiterungsgelände in das Verwaltungsgebäude kamen, sagte der Markscheider zu uns: „Wie schon in der Bibel steht: Mönchlein, du gehst einen schweren Gang.“ Er wollte damit andeuten, dass es für uns schwer würde. Nur der Satz steht nicht in der Bibel. Der Landsknecht Jörg von Frundsberg hatte das zu Luther gesagt, als er sich vor dem Kaiser und dem Reichstag verantworten musste. So fühlten wir uns absolut nicht. Der Abschluss war dann durchaus so, dass wir zufrieden sein konnten. Beide Gemeinden kauften das Land zwischen Lippestraße und Friedhof und außerdem einen Streife zur Lippe hin, der höher als die Lippewiesen liegt. 



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